Diese Vereinbarungen werden typischerweise in einem ausführlichen Kick-off-Workshop erarbeitet, der den Rahmen für das gesamte Assessment definiert. Zusätzlich finden regelmäßige Jour-fixe-Termine statt, in denen der aktuelle Stand des Assessments, potenzielle Risiken und angedachte Angriffsszenarien kontinuierlich besprochen werden. Durch diesen strukturierten Kommunikationsprozess wird sichergestellt, dass alle Parteien – sowohl intern als auch seitens des Kunden – stets über den Umfang und die Grenzen des Assessments informiert sind. Dies trägt maßgeblich dazu bei, dass das Red-Team-Assessment unter klar definierten, sicheren Rahmenbedingungen durchgeführt wird.
Risikobewertung: Angriffsauswirkungen auf Produktivsysteme
Die Risikobewertung geplanter Angriffe spielt eine entscheidende Rolle im Verlauf eines Red-Team-Assessments. Hierbei muss im Vorhinein präzise evaluiert werden, wie mögliche Schäden und Eintrittswahrscheinlichkeiten minimiert werden.
Ein Beispiel hierfür wäre die Planung eines Passwort-Spraying-Angriffs. Dabei versucht der Angreifer, im Gegensatz zum herkömmlichen Brute-Force-Angriff nicht die Anmeldung eines Users mit vielen Passwörtern zur erraten, sondern testet mithilfe weniger, möglichst allgemeiner Passwörter (Firma2025, Sommer2025 etc.) alle ihm bekannten Useranmeldungen. In der Regel existieren Maßnahmen zum Schutz von Benutzerkonten vor derartigen Angriffen. Dabei führen zu viele fehlgeschlagene Anmeldeversuche zu einer Sperrung des betroffenen Kontos. Da ein Passwort-Spraying-Angriff auf eine breite Benutzerbasis abzielt, besteht somit das Risiko, massenhaft Benutzerkonten zu sperren und so das produktive Arbeitsgeschehen zu beeinträchtigen.
Um solche Szenarien zu vermeiden, werden zum einen die Risiken möglicher Angriffe schriftlich im Aufklärungsbogen vor jedem Assessment festgehalten, um so den Kunden möglichst gut über potenzielle Risiken aufzuklären. Zum anderen sollten kritische Angriffe in regelmäßigen Jour-fixe-Terminen präventiv besprochen und bewertet werden.
Kommunikationsstrategien mit dem Kunden
Der Kick-off-Workshop stellt einen essenziellen Bestandteil der Vorbereitungsphase dar. In diesem Treffen werden alle relevanten Aspekte des Red-Team-Assessments im Detail besprochen. Dabei werden unter anderem der Prüfumfang, bestehend aus Scope und Prüfzeitraum, die festgelegten Rules of Engagement, die Benennung der Ansprechpartner sowie die Abgrenzung der Testbereiche definiert. Durch die frühzeitige Klärung dieser Parameter wird sichergestellt, dass alle Beteiligten, sowohl auf Kundenseite als auch innerhalb des Red-Teams, ein gemeinsames Verständnis der Ziele, Vorgehensweisen und Grenzen haben.
Da Red-Team-Assessments immer unvorhersehbare Entwicklungen aufweisen können, ist es entscheidend, vor Beginn jedes Assessments eine Kommunikationsstruktur mit dem Kunden aufzubauen. Durch die Einrichtung von Ad-hoc-Messenger-Gruppen, in denen alle relevanten Ansprechpartner gebündelt sind, wird sichergestellt, dass im Notfall umgehend und effizient kommuniziert werden kann – sodass zeitnah Unterstützung und Klärung gewährleistet sind.
Zusätzlich zu den Ad-hoc-Messenger-Gruppen bilden regelmäßige Jour-fixe-Termine einen zentralen Bestandteil der Kommunikationsstrategie. Diese fest eingeplanten Besprechungen ermöglichen einen kontinuierlichen Austausch zwischen dem Red-Team und den Ansprechpartnern beim Kunden. In diesen Meetings werden aktuelle Ergebnisse, mögliche Abweichungen vom geplanten Ablauf und potenzielle Risiken durch geplante Angriffe erörtert. So können frühzeitig auf unvorhergesehene Entwicklungen reagiert und notwendige Anpassungen im Prüfablauf vereinbart werden. Durch diesen strukturierten Kommunikationsrhythmus wird gewährleistet, dass alle Beteiligten stets auf dem neuesten Stand sind und im Ernstfall schnell und effektiv unterstützt werden können.
OPSEC im Red Teaming
Im Rahmen von Red-Team-Assessments spielt die operative Sicherheit (OPSEC) eine entscheidende Rolle. Während technische Prüfungen und strategische Abstimmungen wesentliche Bestandteile eines Assessments sind, stellt OPSEC sicher, dass die Angriffsaktivitäten möglichst unauffällig ablaufen und nicht zu unbeabsichtigten Alarmen führen. Des Weiteren soll sie dafür sorgen, dass keine Attribution zum Red-Team möglich ist. Das umfasst sowohl technische als auch organisatorische Maßnahmen, die vermeiden sollen, dass Angriffe durch abweichendes Verhalten, nicht obfuskierte Tools oder mangelnde interne Abstimmungen entdeckt werden. Die konsequente Anwendung von OPSEC-Prinzipien ist daher ein wichtiger Bestandteil, um den Erfolg eines jeden Red-Team-Assessments sicherzustellen.
Prinzipien der Tarnung: Vermeidung von Identifikation durch den Kunden
Im Rahmen von Red-Team-Assessments ist es essenziell, die Aktivitäten des Red-Teams so auszuführen, dass sie für den Kunden nicht als gezielte Sicherheitsüberprüfung erkennbar sind. Dies wird erreicht durch eine Kombination aus technischen und organisatorischen Maßnahmen:
Technische Maßnahmen:
Technische Maßnahmen im Red Teaming beinhalten einige Ansätze, die darauf abzielen, die digitalen Spuren von Angriffen möglichst zu minimieren und deren Erkennung durch Sicherheitsmechanismen wie EDR- und SIEM-Systeme durch Anomalieerkennung zu verhindern. Ein zentraler Aspekt ist dabei die weitgehende Eliminierung von Log-Einträgen, die auf verdächtige Aktivitäten hinweisen könnten. Dies umfasst nicht nur das gezielte Löschen oder Verschleiern von Protokolldaten, sondern auch die Anpassung von Angriffstechniken, sodass sie sich nahtlos in den normalen Systembetrieb einfügen.
Ein wesentlicher Punkt ist die Modifikation von Angreifer-Tools, um deren Verhaltensmuster zu normalisieren. Standardmäßig eingesetzte Tools wie Mimikatz weisen oft charakteristische Signaturen und Abläufe auf, die von EDR-Systemen oder Sicherheitsanalysten schnell erkannt werden können. Daher sollte der Einsatz von nicht obfuskierten Versionen solcher Tools idealerweise vermieden werden. Falls der Einsatz unumgänglich ist, müssen zusätzliche Obfuskierungstechniken angewendet werden. Dies kann durch das Einführen von Verschleierungsmethoden erfolgen, die den Code modifizieren oder variabel gestalten, sodass dessen typische Signaturen nicht mehr identifizierbar sind.
Zusätzlich wird empfohlen, dynamische Parameter in den Tools zu implementieren, um das Verhalten unvorhersehbar zu machen und somit den Vergleich mit bekannten Mustern zu erschweren. All diese Maßnahmen tragen dazu bei, dass Angriffsaktivitäten im System als normale, unauffällige Vorgänge interpretiert werden und die Wahrscheinlichkeit einer Identifikation durch automatisierte Systeme oder manuelle Analysen signifikant sinkt.
Organisatorische Maßnahmen:
Die Einhaltung interner OPSEC-Richtlinien wird maßgeblich durch das konsequente Anwenden des Vier-Augen-Prinzips bei kritischen Aktionen unterstützt. Dies bedeutet, dass bei sensiblen Schritten stets mindestens zwei Teammitglieder involviert sind, um die Durchführung zu überwachen, Entscheidungen gemeinsam zu validieren und so das Risiko von Informationslecks deutlich zu reduzieren. Durch diese Maßnahmen wird effektiv verhindert, dass Rückschlüsse auf die Identität und Vorgehensweise des Red-Teams gezogen werden können, wodurch die Diskretion und Sicherheit der Operationen gewährleistet sind.
Fallbeispiel: Konsequente OPSEC
Ein praxisnahes Fallbeispiel verdeutlicht eindrücklich die Bedeutung einer konsequenten Umsetzung von Governance-Richtlinien im Bereich der OPSEC während eines Red-Team-Assessments. In einem Assessment wurde ein Rechtschreibfehler in der Konfiguration eines Softwareverteilungsprogramms festgestellt, das vom Red-Team verwendet wurde. Dieser vermeintlich unbedeutende Fehler ermöglichte es einem Blue-Team-Analysten, auf Aktivitäten des Red-Teams im System des Kunden zu schließen.
Obwohl der Fehler innerhalb des Red-Teams erkannt wurde, wurde die Korrektur auf den Folgetag verschoben. Diese Verzögerung bot dem Blue-Team ausreichend Zeit, den Fehler als Indiz zu nutzen und somit die Angriffsaktivitäten zu entlarven. Dadurch konnte der Kunde seine Reaktionsfähigkeiten prüfen und trainieren. Das Red-Team musste anschließend neue Wege zur weiteren Ausbreitung im internen Netz identifizieren und ausnutzen.
Dieses Beispiel zeigt, wie entscheidend es ist, auch kleinste Unstimmigkeiten sofort zu beheben und strikte OPSEC-Maßnahmen umzusetzen. Die lückenlose Einhaltung von Governance-Richtlinien – von der präzisen Konfiguration bis hin zur sofortigen Reaktion auf Fehler – ist unerlässlich, um die Diskretion des Red-Teams zu wahren und die Integrität des Assessments sicherzustellen.
KI im Red Teaming
Im Red Teaming werden KI-gestützte Tools bereits experimentell eingesetzt, beispielsweise zur Feinabstimmung von E-Mail-Inhalten mithilfe von ChatGPT oder Gemini sowie zur Unterstützung bei Scripting-Aufgaben. KI birgt insbesondere Potenziale im Bereich des Social Engineering, indem sie hilft, authentische Kommunikationsmuster zu generieren und die Erstellung sowie Anpassung von Skripten effizienter zu gestalten.
Risiken und Einschränkungen
Der Einsatz KI-gestützter Tools birgt Risiken, die vor allem den Umgang mit sensiblen Daten betreffen. Strenge Datenschutzvorgaben (z. B. DSGVO) müssen eingehalten werden, um unbefugten Zugriff zu verhindern. Fehler in der Datenverarbeitung können zu ungenauen Ergebnissen führen, während mangelnde Transparenz der KI-Entscheidungsprozesse die Nachvollziehbarkeit erschwert. Zudem können Schwachstellen in den KI-Systemen selbst als neue Angriffsvektoren dienen. Insgesamt erfordert der KI-Einsatz eine sorgfältige Balance zwischen Innovation und strikten Sicherheits- und Compliance-Maßnahmen.
Zukünftige Entwicklungen
Zukünftige Entwicklungen könnten den Einsatz von KI bei der Automatisierung von Website-Fuzzing-Prozessen vorsehen, was einen groß angelegten Informationsgewinn ermöglichen würde – wenngleich diese Ansätze derzeit noch kostenintensiv sind. Ebenso wird der Einsatz von Deepfakes im Social Engineering als möglicher Trend betrachtet. Insgesamt wird erwartet, dass KI in Zukunft eine bedeutendere Rolle im Red Teaming einnehmen wird, wobei strikte Governance-Vorgaben und Datenschutz weiterhin zentrale Anforderungen bleiben.
Fazit und Ausblick
Im Anschluss wird ein Einblick in zukünftige Entwicklungen und Herausforderungen im Bereich der Governance-Strategien im Red Teaming gegeben und mögliche Ansätze für Optimierungen werden veranschaulicht.
Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse
In diesem Blogbeitrag wurde gezeigt, dass eine strukturierte Governance im Red Teaming essenziell ist, um ganzheitliche Sicherheitsüberprüfungen risikominimiert durchzuführen. Zu den zentralen Erkenntnissen zählen:
Klare Kundenabstimmung und Scope-Definition:
Durch präzise Festlegung des Prüfungsumfangs und regelmäßige Abstimmungen wird sichergestellt, dass Testaktivitäten eindeutig definiert und potenzielle Risiken frühzeitig erkannt werden.
Effektive OPSEC-Maßnahmen:
Die Kombination aus technischen und organisatorischen Maßnahmen – wie die Minimierung von Log-Spuren, der Einsatz obfuskierter Tools und das konsequente Vier-Augen-Prinzip – sorgt dafür, dass Angriffe unauffällig bleiben und nicht zu unbeabsichtigten Alarmen führen.
Integration von Governance-Prinzipien:
Die Einbindung von Governance-Standards in den gesamtenRed-Teaming-Prozess gewährleistet, dass sowohl interne Sicherheitsvorgaben als auch Kundenanforderungen eingehalten werden. Dies schafft einen strukturierten Rahmen, der den sicheren und effektiven Ablauf der Assessments unterstützt.
Chancen und Herausforderungen durch KI:
Der Einsatz von KI im Red Teaming eröffnet vielversprechende Möglichkeiten, wie die Automatisierung von Angriffsszenarien, eine präzisere Simulation von Social-Engineering-Angriffen und die Optimierung von Scripting-Aufgaben.